Magdeburg / Halle. ,,Um uns von den großen Mitbewerbern abzuheben, setzen wir seit 14 Jahren auch auf den Biomarkt und seit 2008 auf Fair-Trade", sagt Yvonne Böhm, Geschäftsführerin der Wikana Keks- und Nahrungsmittel GmbH. Die Kekse und Gebäcke für den ernährungsbewussten Kunden finden zunehmend Interesse. Derzeit umfasst das Sortiment 48 Artikel und alljährlich kommen zwei bis drei neue Produktinnovationen hinzu. ,,Wir generieren derzeit etwa die Hälfte unseres jährlichen Umsatzes von 16 Millionen Euro durch den Verkauf von Bio- und Fair-Trade-Produkten", so die Wikana-Geschäftsführerin.

Die Wikana Keks- und Nahrungsmittel GmbH ist ein Traditionsunternehmen aus der Lutherstadt Wittenberg, das seit 1906 besteht und die Zeiten der DDR-Mangelwirtschaft überstanden hat. Heute ist Wikana ein mittelständisches Unternehmen auf Wachstumskurs. Wikana produziert die bekannten Keks-Klassiker Othello und Hansa, die runden Butterkekse, sowie die Kekstorte ,,Kalter Hund" und als Spezialität das ,,Original Wittenberger Lutherbrodt".

In den ostdeutschen Bundesländern ist Wikana eine bekannte Marke. Um weiter zu wachsen, setzt das Unternehmen auf internationale Messen wie die ANUGA in Köln und die Biofach in Nürnberg. Bei den Messeauftritten wird Wikana durch das Land Sachsen-Anhalt mit Mitteln aus den EFRE-Strukturfonds unterstützt. ,,Die Unterstützung der Messeauftritte hilft uns, neue Geschäftskontakte anzubahnen", so Yvonne Böhm. Aber auch im weltweiten Geschäft hat sich das Unternehmen bereits ein Standbein aufgebaut. Im September berichtete das Unternehmen von seinen Praxiserfahrungen im internationalen Export im ,,Praxis-Workshop Außenwirtschaft". Die Veranstaltungsreihe dient dem Erfahrungsaustausch von kleinen und mittleren Firmen in Sachsen-Anhalt bei der Erschließung internationaler Märkte; sie wurde vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes initiiert. Aktuell werden Wikana-Kekse in 16 Länder der europäischen Union exportiert. Die meisten Freunde des leckeren Gebäcks aus Sachsen-Anhalt gibt es in Frankreich, gefolgt von Dänemark, der Schweiz und Spanien.

Nicht nur die ,,Global Player" unter den internationalen Großunternehmen haben also Chancen auf dem Weltmarkt. Dank moderner IT-Infrastruktur, regionaler Unternehmens-Cluster und der Nutzung von Förderprogrammen haben auch klein- und mittelständische Unternehmen aus Sachsen-Anhalt eine realistische Chance, durch Exporte zu wachsen und neue Arbeitsplätze im Land zu schaffen.

Derzeit wird bereits jeder vierte Euro im Export von Waren und Dienstleistungen verdient. Die Exporte von Unternehmen aus Sachsen-Anhalts erreichten im Jahr

2014 ein Volumen von rund 15 Milliarden Euro. Ungeachtet dessen erwirtschaften die meisten Firmen hierzulande ihren Umsatz hauptsächlich durch Verkäufe innerhalb Deutschlands, so ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) aus dem Jahre 2013.

Von den Exportgütern geht die Mehrzahl der Produkte in Länder der Europäischen Union. Ihr globales Potenzial haben die meisten klein- und mittelständischen Unternehmen Sachsen-Anhalts bislang noch nicht ausgeschöpft. Für die Erschließung internationaler Märkte bieten staatliche Fördermaßnahmen zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten. Dennoch gilt es, die Herausforderungen, die der Schritt ins Ausland mit sich bringt, genau zu fokussieren.

Nicht nur in der Nahrungsmittelindustrie, auch in anderen Industriezweigen schreiben Unternehmen aus Sachsen-Anhalt Erfolgsgeschichten im Export. Beispielsweise die Lipocalyx GmbH aus Halle, die auf dem Außenwirtschaftstag Sachsen-Anhalt 2015 am 30. November einen Einblick in den Praxisalltag ihrer Exportgeschäfte geben wird. Lipocalyx ist ein Start-up-Unternehmen, gegründet im Jahr 2011 von einem Team der Novosom AG, Halle. Die Forscher haben Nanopartikel für den DNA-Transfer entwickelt und zur Marktreife gebracht. Mit den so genannten Viromeren® können DNA-Wirkstoffe wie mit einem molekularen Taxi bis an den Wirkungsort gebracht werden. Anwender der halleschen Forschungsreagenzien sind derzeit Forschungslabors an Universitäten und Pharma-Unternehmen in Europa, Großbritannien, den USA und China. ,,Unser Außenhandel hat derzeit einen Anteil von etwa 50 Prozent am Gesamtumsatz des Unternehmens", so Lipocalyx-Geschäftsführer Dr. Steffen Panzner. ,,In Europa, Nordamerika und Asien erwarten wir auch künftig das stärkste Wachstum."

Die Anbahnung von Exporten in Länder außerhalb der EU-Union erfordert von klein- und mittelständischen Unternehmen einen hohen Zeit- und Arbeitsaufwand. Für den Keksfabrikanten Wikana sind solche Geschäfte daher noch die Ausnahme. Bei Lipocalyx-Exporterzeugnissen im Bereich von 400 Euro pro Stück macht sich der erhöhte Aufwand bei der Prüfung von Steuernummern, den Verbleibsnachweisen und den Zollformalitäten stark bemerkbar. ,,Wir können nachvollziehen, dass mit diesen Prüfungen Missbrauch unterbunden werden soll und sind gern bereit zur Kooperation, allerdings muss hier die Beweislast umgedreht werden", so Lipocalyx-Geschäftsführer Dr. Panzner.

Unterstützungen des Landes bei Messe-Präsentationen und internationalen Delegationsreisen können Unternehmen aus Sachsen-Anhalt helfen, Kontakte mit Kooperationspartnern im Ausland zu knüpfen. ,,Die Landes-Unterstützung auf spezifischen internationalen Messepräsentationen ist für uns sehr hilfreich", sagt auch Dr. Panzner. So unterschiedlich die Arbeitsfelder beider Unternehmen aus Sachsen-Anhalt auch sind: Als entscheidend für die Zukunft bewerten ihre Geschäftsführer den Ausbau der IT-Infrastruktur. Moderner Online-Handel beschleunigt alle Arbeitswege wie Akquise, Logistik, Rechnungstellung sowie die Kommunikation mit Kunden und Geschäftspartnern.

Sprachliche und interkulturelle Probleme im Exportgeschäft lösen die Unternehmen, indem sie durch Einstellung fremdsprachlicher Mitarbeiter ihre Kompetenzen steigern. ,,Uns hat die Einstellung eines jungen Mitarbeiters mit sehr guten Französisch- Kenntnissen ganz wesentlich beim Ausbau des Exportgeschäftes geholfen", sagt die Wikana-Geschäftsführerin Böhm.

Viele exportorientierte Unternehmen, insbesondere in den Branchen Maschinenbau und Chemie, halten Kontakte zu Forschungseinrichtungen bzw. Hochschulen. Für die Gewinnung hochqualifizierter Arbeitskräfte und die Entwicklung innovativer Produkte ist eine Vernetzung für Unternehmen zunehmend überlebenswichtig.

Der Außenwirtschaftstag Sachsen-Anhalt 2015 findet am 30. November in Halle/Saale statt und ist Plattform für alle Akteure der Außenwirtschaft in Sachsen-Anhalt. Zahlreiche Unternehmen werden daher aus erster Hand von ihren praktischen Erfahrungen im Export berichten und Einblicke in Chancen, Besonderheiten aber auch Risiken bieten.

Quelle: http://unternehmen-heute.de